The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition) by O'Doherty Shane

The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition) by O'Doherty Shane

Autor:O'Doherty, Shane [O'Doherty, Shane]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-12-09T05:00:00+00:00


Eine Woche nach der Beerdigung meines Vaters war ich in Creggan in einer Küche dabei, jemandem zu zeigen, wie man eine Briefbombe anfertigt. Ich hatte sie gerade in einen Umschlag getan und ihn zugeklebt, und drückte noch einmal leicht darauf. Noch während ich auf den Umschlag sah, erhob sich von ihm ein Regenbogen und schoss an meinem Kopf vorbei, gefolgt von einem blauen Licht und einem ungeheuren „BÄNG!“ Ich wurde über den Stuhl gewirbelt und erhob mich mit einem geblendeten Auge und starkem Schmerz in der rechten Hand. Aus verschiedenen kleinen Wunden rund um das Gesicht und die Augen herum tropfte mir das Blut. Alles, was ich sah, erschien rot durch das Blut in dem unverletzten Auge. Der andere, der noch dabei war, war unverletzt, aber schockiert vom Anblick meiner Wunden, die allerdings schlimmer aussahen, als sie wirklich waren. Er rannte hinaus und bemächtigte sich eines Lieferwagens. Dann holte er mich heraus und brachte mich zu einer Adresse, die ich ihm angab. Ich wusste, dass ich dort medizinisch behandelt werden konnte.

Ein Auge war so ernstlich verletzt, dass ich überhaupt nichts damit sehen konnte. Außerdem hatte die Sprengwucht einen Finger übel zugerichtet, und man sagte mir, ich würde ihn möglicherweise verlieren. Der ihm am nächsten gelegene Teil der Hand war ebenfalls schwer verwundet. In meiner Gesichtshaut, in der Brust und in den Augenlidern steckten viele kleine Metallstückchen. Mit dem möglichen Verlust des Fingers wollte ich mich aber absolut nicht abfinden. Ich bekam eine Pethidinspritze und hatte wenig später kein Schmerzempfinden mehr. Allerdings musste ich innerlich irgendwie damit fertigwerden, dass ich womöglich auf dem rechten Auge nie mehr sehen würde. Wie schon oft zuvor war ich jedoch höchst erleichtert und dankbar, dass ich überhaupt am Leben geblieben war, wenn ich an meine Freunde und an all die anderen dachte, die umgekommen waren und die selbst mit meinen Verletzungen das Leben noch gern behalten hätten. So gewöhnte ich mich leicht – wahrscheinlich zu leicht – daran, verletzt zu werden.

Ein freundlicher Arzt holte einen Augenspezialisten hinzu, und dessen Befund lautete, dass ich mein Auge in einem Ausmaß geschädigt hatte, das erst im Laufe des Heilungsprozesses sichtbar werden würde – jedenfalls gab es keine geeignete Behandlungsmethode. Auch mein Finger war noch nicht außer Verlustgefahr, aber immerhin waren die angrenzenden Teile meiner Hand, nachdem sie gereinigt und verbunden worden waren, schnell geheilt, wenn auch Verfärbungen und Narben zurückblieben. Zwei Wochen später wurde der Verband von meinem Auge genommen. Ich konnte nur sehr wenig sehen. Da auch mein kleiner Finger besorgniserregend aussah, beschloss ich, nach Dublin zu fahren, um dort weitere Behandlung zu suchen. Ohne Schwierigkeiten passierte ich die nordirische Grenze und ließ mich in Dublin ärztlich versorgen. Meinem Auge ging es stetig besser und auch die Wunden an der Hand verheilten schließlich, aber die Narben davon trage ich bis heute.

Während ich mich erholte und meine Sehkraft langsam zurückkehrte, traf ich jemanden von der IRA-Führungsspitze, der mich auf die Briefbomben ansprach. In London waren nämlich die Geschwister Price und andere verhaftet worden, nachdem sie dort im März Bomben gelegt hatten.



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